Pädophilie-Skandal

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Pädophilie-Skandal

Aus dem Christentum des Tageslichts wurde ein abgedunkeltes Beichtstuhlgeflüster,

Zur Vertreibung der Frauen hat die Kirche 2000 Jahre gebraucht. Wie lange sie jetzt noch zur Züchtung des „keuschen Homosexuellen“ benötigt, ist noch nicht klar. Klar ist nur dies:

Solange zwangsentsexualisierte Priester mit Männern, Frauen, Jugendlichen und Kindern in dunklem Beichtstuhlgewisper vereint sind, wird sich der Beichtstuhl immer mehr zur Kontaktbörse für Sexualneurotiker entwickeln, wobei auch Pädophilie nicht ausgeschlossen werden kann, und sollte darum für Kinder und Jugendliche verboten werden.

Es war später das Fernsehen, und zwar der italienische Vatikansender Telepace, der mir erstmals die Augen öffnete, dass die Sexualfeindlichkeit der Kirche – tatsächlich – dramatische Auswirkungen hat, ja dass sie zu widerwärtigen sexuellen Verirrungen führt.

Die Verbrechen, die von zwangsentsexualisierten Priestern an Kindern und Jugendlichen geschahen und noch geschehen, dies unaussprechliche Leid der wehrlosen Betroffenen schreit zum Himmel: 2002 also sah ich, wie Papst Johannes Paul II. Krokodilstränen über die Pädophiliefälle vergoß und Kardinal Bernard Francis Law von Boston reuig vor ihm kniete und sein Amt dem Papst zurückgab, weil er durch ständiges Versetzen der Priester und durch Verheimlichung vor den staatlichen Behörden großen Schaden angerichtet hatte.

Ich hatte Reueszenen schon öfter gesehen, z. B. bei einem schwarzen Erzbischof, der eine Koreanerin der Munsekte geheiratet hatte und nun reuig vor dem Papst kniete. Und ich hatte gesehen, wie der Papst ihn dann aufhob und anschaute – vorwurfsvoll immer noch, aber verzeihend, weil der Sünder ja bereut hat. (Inzwischen ist er allerdings wieder mit seiner Koreanerin verheiratet.)

Aber diesmal war in Großaufnahme auf dem Gesicht des Papstes etwas anderes zu sehen, und ich war schockiert: Das, was ich sah, kam mir vor wie der Blick eines Komplizen. Er sah den Kardinal Law an wie einen, der ihn nicht verraten hatte. Da war eine Entente cordiale zwischen den beiden, ein herzliches Einverständnis.

Kardinal Law bekam dann auch ein hohes Amt im Vatikan, das er heute noch innehat. Ich sah, Kardinal Law hatte den Papst nicht verraten, er hatte mutmaßlich nach seinem Willen die Vertuschung der Pädophiliefälle betrieben.

Pädophilie ist die Gefahr einer monosexuellen Kirche, der in 2000 Jahren zwar die Vertreibung der Frauen, aber noch nicht die Ent-Sexualisierung geglückt ist .

Kardinal Ratzingers verhängnisvollste Tat war, dass er einen von zwei Pädophilie-Erlassen verfasste.

Der erste stammt von Kardinal Ottaviani 1962 und heißt: »Crimen Sollicitationis« (Verführung zu sexuellen Handlungen).

Der zweite stammt von Ratzinger 2001 und heißt: »De Delictis Gravioribus« (Über schwerer wiegende Verbrechen).

Das erfuhr ich erst 2006 durch den erschütternden BBC-Film »Sex Crimes and the Vatican« von Colm O’Gorman, der als 14jähriger in Irland von einem Priester vergewaltigt worden war.

Beide interne Schreiben betonen – mit vollster Zustimmung von Papst Johannes Paul II. – »die gerichtliche Alleinzuständigkeit der Glaubenskongregation als eines apostolischen Gerichtshofes« in Pädophiliefällen von Klerikern.

Gleichzeitig werden alle Bischöfe unter Strafe der Exkommunikation aufgefordert, alle Mißbrauchsfälle ausschließlich an den Vatikan zu melden, was eine totale Justizbehinderung für die staatlichen Gerichte zur Folge hat und zu einer ständigen Versetzung der pädophilen Priester und Ordensleute führt, die nach einer »Therapie« ihr Unwesen jahrzehntelang weitertreiben. Über die Opfer verlieren diese Erlasse kein einziges helfendes Wort.

Diese beiden Erlasse sind nicht für die Schafe, sondern nur für die Hirten bestimmt und liegen im Tresor jedes Bischofs.

Sie sind in lateinischer Sprache verfasst, was aber heute sogar Frauen übersetzen können, und dies in der katholischen Kirche, in der alle Hirten Männer und alle Frauen Schafe sind, und stehen inzwischen sogar im Internet.

Und den erschütternden BBC-Film »Sex Crimes and the Vatican«, der in Deutschland dank katholischen Bischöfen bisher nicht gezeigt werden konnte, kann man auf YouTube sehen.

Der Film zeigt, welches Täuschungsmanöver hier im Gang ist, um das Ansehen der katholischen Kirche und des Papstes nicht zu beschädigen.

Als einzige Reaktion des Vatikans werden alle Papiere staatlicher Behörden ungeöffnet zurückgeschickt. Man sieht in dem Film das umfangreiche Schriftstück, das der Staatsanwalt in Phoenix (Arizona), Rick Romley, an Kardinal Sodano geschickt hatte und ungeöffnet zurückerhielt. Auf dem Umschlag war lediglich zu lesen, in mehreren Sprachen: »retour, rinvio, refuse (Annahme verweigert)«.

Die erschütterndste Szene des Films spielte sich 2002 in Mittelbrasilien ab. Dona Elza da Silva, Großmutter des damals fünfjährigen (!) Warly in einem der ärmsten Winkel der Welt, erzählt dem Reporter, dass ihr Enkel sterben will, weil alle Kinder ihm nachrufen: »des Priesters kleine Frau«.

Dass er von Priester Tarcisio, der kürzlich in der Nachbarschaft einzog, vergewaltigt wurde. Dass sie das dem Bischof gemeldet habe. »Aber der Bischof und alle sind böse mit mir, keiner glaubt mir, die Leute gehen auf die andere Straßenseite, wenn sie mich sehen. …«“

Aber dann wird alles aufgedeckt.

Nicht durch die Kirche, sondern durch die Polizei, die zufällig das Tagebuch des Priesters fand. Es stellte sich heraus. dass er schon 1991 in Sao Paulo einen 13jährigen Jungen vergewaltigt hatte und, viermal nach einer »Therapie« versetzt, schließlich in der Nachbarschaft des kleinen Warly gelandet ist. In dem Tagebuch schreibt er auch – man sieht im Film seine krickelige Schrift:

»Alter der Jungen: 7, 8, 9, 10 Jahre. Arm, möglichst vaterlos, nur eine Großmutter oder alleinstehende Mutter oder Schwester, wichtig: sich mit der Familie anfreunden. Dem Kind Gitarrenunterricht geben. Kleine Geschenke machen … «, als Gegenleistung sexuelle Handlungen.

(aus: Uta Ranke-Heinemann, Manuskripte zu »Eunuchen für das Himmelreich«, 1988 und 2011)